1942 aufgeschriebene Erinnerungen meines Großvaters
Carl Wilhelm Ludwig NOFFKE,
geboren am 29.März 1867 in Poblotz.
getauft am 14.April 1867 in Zezenow.
Eltern: Heinrich NOFFKE,
Kutscher zu Poblotz, und Johanna Migge
Als ich noch zu Hause war (vor der Einsegnung), bin ich sehr oft des
Morgens für meinen Vater früh um 4 Uhr aufgestanden und nach dem Hof
gegangen, habe seine beiden Kutschpferde und ein Reitpferd geputzt,
gegen 1/2 6 Uhr Futter (Hafer) geholt vom Speicher, welches der
2.Inspektor ausgabe, die Pferde gefüttert, Stall rein gemacht, Geschirr
und Zaumzeug gewienert, dann holte ich mir ein paar Stullen aus meinem
verschlossenen Schrank und dann nach der herrschaftl. Küche, da bekam
ich einen schönen Topf Kaffee (kein Blümchen), so etwas kannten die
Pommern nicht, da habe ich dann meinen Kaffee eingenommen und
verschwand dann wieder in meinem Stall.
Feiertags war ich immer Gast bei meinem lieben Vater, da gab's denn
immer etwas extra, dicken Reis oder dicke Grütze mit Zimt und Zucker
(Mittag), Kuchen zum Kaffee, was mir sehr gut bekommen ist. Ich bin
auch mit Herrn von KRAUSE weggefahren
oder musste für Herrn von KRAUSE
die Briefe nach folgenden Orten hinbringen (ab meinem 10.Lebensjahr bis
zur Einsegnung):
nach Wollin (Landweg 1 Stunde)
zu Herrn von BRAUNSCHWEIG,
Major a.D. - nach Zezenow
(Chaussee 1 Stunde) Kammerherrn von
ZITZEWITZ - nach Bansekow
bei Herrn von BANDERMER - nach
Ruschitz von KLEIST (3/4 Stunde
auf Chaussee) - Zipkow
(Landweg und Chaussee 1 1/2 Stunde), Vixow
(Landweg und Chaussee 1 Stunde) - Grosspodel
(über Dangeröser Chaussee 1 1/2 Stunde) Herrn von BRAUNSCHWEIG - jeden Donnerstag
ein Mal nach Vietzig (Herr von WEIHER),
musste da gleich die Hefe mitbringen (Chaussee durch Zezenow 1 1/2
Stunde).
Für jeden Gang bekam ich 25 Pfg., wenn ich 12 Gänge gemacht hatte,
bekam ich meinen hochverdienten Lohn in Höhe von RM 3,- (damals ein
Thaler).
Die Fahrt mit meinem Vater nach Stolp
fing in Poblotz gegen 6 Uhr
früh an, die Chaussee entlang. Erst gut eingepackt wegen der Kälte,
dann ging's los mit 2 schönen Pferden. An Ruschitz, Vixow, Glowitz, Klandzin, Rumske,
Silkow vorbei, dann glaube ich, kam Beckel Gasthaus, wo Halt gemacht
wurde. Die Pferde bekamen Futter und Wasser und mein Vater und ich
hatten unsere Stullen auf dem Tisch und liessen uns schönen warmen
Kaffee (Bohnen) geben, und als alle - Pferde und wir - satt waren, ging
es weiter nach Stolp und kamen
an Freist vorbei. Nachdem wir
in Stolp gelandet waren,
wurden die Pferde in den Stall gebracht und dann wurden die Besorgungen
gemacht, welche meinem Vater aufgetragen waren (von Herrn von KRAUSE, der Mamsell, usw.), auch
wurden manchmal die Stiefel von uns mitgenommen, welche besohlt werden
mussten (damals konnte ich das noch nicht) und nahmen sie nachmittags
wieder mit nach Hause. Öfter sind wir zum Exerzierplatz oder in die
Nähe der Blücherschen Husaren gekommen, wenn sie mit Musik ausgeritten
sind. Das war immer eine große Begebenheit und große Freude, dieses
Schauspiel zu sehen.
Unser Haus lag an der Straße, davor war ein kleiner Garten mit hübschen
Blumen, in einer Ecke ein dorniger Baum mit vielen Zweigen, wo wir uns
eine Bank darunter gemacht hatten und als Laube benutzten. Das Haus
bestand aus 2 Stuben, Kammer und Küche und ein schöner großer gewölbter
Keller unter der Kammer, wo die Kartoffeln für den Winter hinein
geschafft wurden. In der Kammer war ein schönes großes Fass, wie ein
Waschzober, da wurde das Schwein eingepökelt, natürlich zerkleinert,
wenn's geschlachtet war. Auf den Regalen standen die Schüssel mit Milch
zum Sauerwerden, welche zu Butter verarbeitet wurde, ebenso auch das
Schmalz und die Butter, Mehl usw., was man nicht in der Stube
aufbewahren kann. Eine Bundeslade war auch zum verschließen, wo
die geräucherten Dauerwürste drin aufgehoben wurden, auch Speck
und Schinken.
In dem Haus befanden sich auch 2 Ställe, 1 Stall für Drossvieh (Kühe,
Kalb, Schweine), im anderen Stall Schafe, Gänse und Geräte für
die Zubereitung des Futters für's Vieh, da wurden Wrucken (Kohlrüben)
gestampft mit Stampfeisen, wie ein Fragezeichen sah es aus, mit
Stiel in der Mitte. Und eine Häckselschneideanlage war auch da, um für
die Kühe Häcksel zu schneiden. Von da aus gings auf den Boden, wo das
Heu für die Kühe war und ein Querbalken darüber ging ungefähr 1 Meter
vom Fussboden, wo meine Mutter herunter fiel und das Bein gebrochen und
so lange mit dem Vater krank lag.
Wie die Leute bei uns knapp waren, da musste mein Vater Kutscher,
Gärtner, Schmied, Schäfer, Hofmeister, je einen Mann zur Arbeit
abstellen, und nun blieb mir weiter nichts übrig, ich musste antreten
und zwar im Sommer, wenn die Sonne zum Vorschein kam, bis alles
stockfinster war, dazwischen von 12 -1 Mittag, da habe ich manch
Schweißtropfen gelassen. Im Winter von zwischen 7-8 Uhr bis es dunkel
wurde, so Tag für Tag. Dafür konnte ich dann die Woche für 6 Tage mir
RM 2,40 am Sonntag holen; RM 2,- bekam meine liebe Mutter und ich hatte
den Überschuss von -,40, das ging bis Dezember 1886. Im Januar 87
siedelte ich zu Herrn von WUTHENAU
nach Poledno über.
Von den Geschwistern und Schwager von meiner Mutter weiß ich noch:
1) Onkel Carl und Tante Berta RUDLAFF, erst Jäger in Prebendow, dann wurde er nach Zezenow versetzt als Gärtner und
Jäger bei Herrn von ZITZEWITZ,
Kammerherr, wo beide verstorben und beerdigt sind unweit meiner Eltern (Prebendow gehörte Herrn von ZITZEWITZ auch).
2) Onkel Fritz HERING und
Tante Albertine in Leba. Am Mühlengraben nicht Fischer
sondern Seefahrer, sehr vie in den Weltmeeren herumgefahren, viel von
England erzählt (Cambridge) und hübsche Kaffeekannen und Tassen
mitgebracht. Eigenes hübsches Grundstück, direkt (durch den Zaun
abgegrenzt) am Wasser, wo Kähne mit den Fischern hereingefahren kommen.
Die Flundern wurden in Käschern gleich in die Räucherei zur Bearbeitung
getragen.
3.) Onkel FAUST und Tante Lisette war längere Jahre in Wollin bei Herrn von BRAUNSCHWEIG Gärtner, wo er von
da nach Lupow an der
westpruss. Grenze verzog.